HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 21.10.2016, 5 Sa 1647/10

   
Schlagworte: Befristung: Vertretung, Befristungskontrollklage
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 5 Sa 1647/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.10.2016
   
Leitsätze: Bei einer so genannten Doppelbefristung ist § 15 Abs. 5 TzBfG nicht anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nach Zweckerreichung bis zum kalendermäßig bestimmten Ende fortgesetzt wird.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Duisburg, Urteil vom 15.9.2010, 4 Ca 1337/10
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.02.2013, 7 AZR 324/11
   

Te­nor:

1)Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Duis­burg vom 15.09.2010 - 4 Ca 1337/10 - ab­geändert.

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

2)Die Kos­ten des Rechts­streits trägt die Kläge­rin.

3)Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin zu­ge­las­sen.

TAT­BESTAND:

Die Par­tei­en strei­ten über die Fra­ge, ob das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis wirk­sam be­fris­tet wor­den ist.

Die am 11.07.1974 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist seit dem 21.11.2006 bei der Be­klag­ten als An­ge­stell­te beschäftigt. Sie war zunächst auf der Grund­la­ge ei­nes be­fris­te­ten Ver­tra­ges nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG vom 20.11.2006 bis zum 31.07.2007 tätig. Die­ser Ver­trag wur­de in der Fol­ge­zeit mehr­fach gemäß § 14 Abs. 2 Tz­B­fG verlängert, und zwar zu­letzt bis zum 20.11.2008. Mit ei­nem wei­te­ren be­fris­te­ten Ver­trag vom 18.11.2008 verlänger­ten die Par­tei­en das Ar­beits­verhält­nis bis zum 31.03.2009 und ga­ben hier­bei als Sach­grund "Ver­tre­tung bis An­satz Azu­bi Prüfungs­jahr­gang 2009/I" an. Mit Ver­trag vom 16.03.2009 er­folg­te ei­ne wei­te­re Verlänge­rung bis zum 31.12.2009 (Sach­grund: Haus­halts­mit­tel) und am 11.12.2009 ein wei­te­rer be­fris­te­ter Ver­trag bis zum 30.06.2009. Im zu­letzt ge­nann­ten Ver­trag heißt es zur Be­gründung aus­drück­lich:

Frau O. N. wird ab 01.01.2010 als Voll­zeit­beschäftig­te ein­ge­stellt. Das Ar­beits­verhält­nis ist be­fris­tet bis zum Er­rei­chen fol­gen­den Zwecks: "Ver­tre­tung der Be­auf­trag­ten Ar­beit­neh­me­rin Frau G."; längs­tens bis zum 30.06.2010.

We­gen der Ein­zel­hei­ten der an­ge­spro­che­nen Ar­beits­verträge wird im Übri­gen auf Blatt 4 ff. der Ak­ten ver­wie­sen.

Das Brut­to­mo­nats­ge­halt der Kläge­rin be­trug zu­letzt 2.345,25 €.

Mit ih­rer am 25.06.2010 beim Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf anhängig ge­mach­ten Kla­ge hat die Kläge­rin die Rechts­un­wirk­sam­keit der zu­letzt ver­ein­bar­ten Be­fris­tung gel­tend ge­macht. Sie hat das Vor­lie­gen ei­nes Sach­grun­des be­strit­ten und un­ter an­de­rem dar­auf ver­wie­sen, dass be­reits Mit­te Ja­nu­ar 2010 fest­ge­stan­den hätte, dass die von ihr zu ver­tre­ten­de Frau G. nicht mehr an ih­ren al­ten Ar­beits­platz zurück­keh­ren würde. Gleich­wohl sei sie, die Kläge­rin, trotz Zweck­er­rei­chung wei­ter beschäftigt wor­den und es sei dem­gemäß nach § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ein un­be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag ent­stan­den.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

1.fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf­grund der Be­fris­tung vom 01.01.2010 zum 30.06.2010 be­en­det wor­den ist;

2.im Fal­le des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu 1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, sie ab dem 30.06.2010 zu un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen als voll­zeit­beschäftig­te An­ge­stell­te der Tätig­keits­ebe­ne V des TV-BA wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat aus­geführt, die Kläge­rin sei zur Ver­tre­tung der An­ge­stell­ten Frau G. be­fris­tet beschäftigt wor­den. Frau G. sei ursprüng­lich als Te­le­fon-Ser­vice-Be­ra­te­rin im Ser­vice­cen­ter der Agen­tur für Ar­beit in E. beschäftigt ge­we­sen. Ab dem 17.03.2009 sei sie im Rah­men ei­ner Per­so­nal­ent­wick­lungs­maßnah­me vorüber­ge­hend mit den Tätig­kei­ten ei­ner Ar­beits­ver­mitt­le­rin mit Be­ra­tungs­auf­ga­ben in der Agen­tur für Ar­beit in E. be­fasst wor­den. Bei Ab­schluss des Ver­trags mit der Kläge­rin sei man da­von aus­ge­gan­gen, dass die Be­auf­tra­gung der Frau G. als zusätz­li­che Ar­beits­ver­mitt­lung noch min­des­tens bis zum 30.06.2010 wei­ter­lau­fen würde, weil wei­ter­hin Haus­halts­mit­tel bis zu die­sem Zeit­punkt zur Verfügung ge­stan­den hätten. Zu die­sem Zeit­punkt sei nicht be­kannt ge­we­sen, dass sich Frau G. mit Be­wer­bung vom 02.12.2009 auf die Stel­le ei­ner Ar­beits­ver­mitt­le­rin mit Be­ra­tungs­auf­ga­ben in der Agen­tur für Ar­beit in P. be­wor­ben hätte. Hier­von sei der zuständi­ge Per­so­nal­be­ra­ter erst am 14.01.2010 in­for­miert wor­den. Mit Wir­kung zum 01.03.2010 sei Frau G. dann mit dem Ziel der Ver­set­zung von der Agen­tur für Ar­beit in E. zur Agen­tur für Ar­beit in P. ab­ge­ord­net wor­den und es sei­en ihr dort zunächst vorüber­ge­hend die Tätig­kei­ten ei­ner Ar­beits­ver­mitt­le­rin mit Be­ra­tungs­auf­ga­ben über­tra­gen wor­den. Erst mit Wir­kung zum 01.06.2010 sei Frau G. dann (endgültig) zur Agen­tur für Ar­beit in P. ver­setzt wor­den.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, in An­se­hung der ver­ein­bar­ten Dop­pel­be­fris­tung sei die Re­ge­lung des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG nicht an­wend­bar. Hier­aus wie­der­um fol­ge, dass das Ar­beits­verhält­nis mit der Kläge­rin mit Ab­lauf des 30.06.2010 ge­en­det hätte.

Mit Ur­teil vom 15.09.2010 hat die 4. Kam­mer des Ar­beits­ge­richts Duis­burg - 4 Ca 1337/10 - dem Kla­ge­be­geh­ren der Kläge­rin ent­spro­chen. In den Ent­schei­dungs­gründen, auf die im Übri­gen Be­zug ge­nom­men wird, hat das Ar­beits­ge­richt aus­geführt, die Par­tei­en hätten ei­ne so ge­nann­ten Dop­pel­be­fris­tung ver­ein­bart, nämlich zum ei­nen ei­ne Zweck­be­fris­tung, zum an­de­ren ei­ne Zeit­be­fris­tung auf den 30.06.2010. Der Zweck sei am 01.06.2010 er­reicht wor­den, als fest­ge­stan­den hätte, dass Frau G. nicht mehr zurück­keh­ren würde. Da die Kläge­rin über den 01.06.2010 hin­aus wei­ter­ge­ar­bei­tet hätte, sei gemäß § 15 Abs. 5 Tz­B­fG von ei­nem nun­mehr un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis aus­zu­ge­hen.

Die Be­klag­te hat ge­gen das ihr am 27.10.2010 zu­ge­stell­te Ur­teil mit ei­nem am 26.11.2010 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 15.12.2010 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Sie wie­der­holt ih­ren Sach­vor­trag aus dem ers­ten Rechts­zug und weist zur Be­gründung der Be­fris­tung dar­auf hin, dass die Kläge­rin Tätig­kei­ten ver­rich­tet hätte, die letzt­lich we­gen der Ab­we­sen­heit von Frau G. im Ser­vice­cen­ter der Agen­tur für Ar­beit E. zur Verfügung ge­stan­den hätten. Die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter in den ver­schie­de­nen Teams der Agen­tur würden sämt­lich iden­ti­sche Tätig­kei­ten in ei­ner Art Call­cen­ter mit der Fol­ge ausführen, dass es auf die Fra­ge, in wel­chem der Teams der Ver­tre­tungs­be­darf ent­steht, letzt­lich nicht an­kom­me. Ent­schei­dend sei viel­mehr, dass durch die Ab­we­sen­heit der Frau G. Ar­beits­kraft in den Teams ge­fehlt hätte, die durch die Kläge­rin ab­ge­deckt wer­den soll­te. Es sei darüber hin­aus auch von ei­ner hin­rei­chend si­che­ren Rück­kehr­pro­gno­se aus­zu­ge­hen. Frau G. sei mit Wir­kung ab dem 17.03.2009 vorüber­ge­hend ab­ge­ord­net wor­den, um als Ar­beits­ver­mitt­le­rin mit Be­ra­tungs­auf­ga­ben tätig zu wer­den. Zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses mit der Kläge­rin am 11.12.2009 sei man sei­tens der Be­klag­ten auch da­von aus­ge­gan­gen, dass die Be­auf­tra­gung der Mit­ar­bei­te­rin G. noch min­des­tens bis zum 30.06.2010 wei­ter­lau­fen wer­de, weil bis zu die­sem Zeit­punkt wei­ter­hin Haus­halts­mit­tel zur Verfügung ge­stan­den hätten. Kei­nes­falls hätte be­reits vor­her fest­ge­stan­den, dass die Mit­ar­bei­te­rin G. nicht mehr in das Ser­vice­cen­ter auf ih­ren al­ten Ar­beits­platz zurück­keh­ren würde.

Die Be­klag­te ver­tritt darüber hin­aus die Auf­fas­sung, dass durch die Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin über das En­de der Ab­ord­nung der Mit­ar­bei­te­rin G. hin­aus kein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit der Kläge­rin ent­stan­den wäre. Die Be­klag­te meint in die­sem Zu­sam­men­hang, dass § 15 Abs. 5 Tz­B­fG auf Fälle der hier ver­ein­bar­ten Dop­pel­be­fris­tung nicht an­wend­bar wäre.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Duis­burg vom 15.09.2010 - 4 Ca 1337/10 - ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin meint zunächst, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG auf den vor­lie­gen­den Fall nicht an­ge­wen­det wer­den könn­te, weil Frau G. vorüber­ge­hend mit an­de­ren Ar­beits­auf­ga­ben be­traut wor­den sei und es des­halb an ei­ner Ab­we­sen­heit des zu Ver­tre­te­nen feh­le.

Darüber hin­aus ver­tritt die Kläge­rin die Auf­fas­sung, dass der von der Be­klag­ten an­geführ­te Aus­fall der Stamm­mit­ar­bei­te­rin G. nicht kau­sal für die Ein­stel­lung der Kläge­rin ge­we­sen wäre. Die Kläge­rin sei viel­mehr seit dem Jah­re 2006 un­un­ter­bro­chen im Team 602 tätig ge­we­sen, während Frau G. durch­ge­hend zu je­dem Zeit­punkt im Team 605 ge­ar­bei­tet hätte. Die kon­kre­te Be­fris­tung der Kläge­rin könne des­halb nicht auf der vorüber­ge­hen­den Ab­we­sen­heit der Frau G. be­ru­hen. Darüber hin­aus, so die Kläge­rin wei­ter, sei auch kei­ne ge­si­cher­te Rück­kehr­pro­gno­se fest­zu­stel­len, weil sich der Be­klag­ten im Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses mit der Kläge­rin im De­zem­ber 2009 ganz er­heb­li­che Zwei­fel hätten auf­drängen müssen, dass Frau G. nicht mehr an ih­ren Stamm­ar­beits­platz zurück­keh­ren würde.

Die Kläge­rin weist wei­ter dar­auf hin, dass es an ei­ner Kon­gru­enz zwi­schen dem Ab­we­sen­heits­zeit­raum und der Be­fris­tungs­dau­er feh­le, so dass auch aus die­sem Grund von ei­ner Rechts­un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung aus­zu­ge­hen sei.

Sch­ließlich ver­tritt die Kläge­rin die Auf­fas­sung, dass § 15 Abs. 5 Tz­B­fG auch in Fällen der vor­lie­gen­den Art an­zu­wen­den sei. Dann aber sei durch ih­re tatsächli­che Wei­ter­beschäfti­gung über den 01.06.2010 hin­aus ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ent­stan­den.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der zu den Ak­ten ge­reich­ten Ur­kun­den und der zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze ver­wie­sen.

ENT­SCHEI­DUN­GSGRÜNDE:

I.

Die Be­ru­fung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statt­haft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des zulässig (§ 64 Abs. 2 Zif­fer b ArbGG) so­wie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Auch in der Sa­che selbst hat­te das Rechts­mit­tel Er­folg.

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist in­fol­ge der Be­fris­tungs­ab­re­de im Ver­trag vom 11.12.2009 mit dem 30.06.2010 be­en­det wor­den, weil die Be­fris­tung durch ei­nen sach­li­chen Grund im Sin­ne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt ist.

1.Die Par­tei­en ha­ben im De­zem­ber 2009 ei­ne so ge­nann­te Dop­pel­be­fris­tung ver­ein­bart, ge­gen de­ren grundsätz­li­che Zulässig­keit kei­ne Be­den­ken be­ste­hen.

1.1Eine Dop­pel­be­fris­tung zeich­net sich da­durch aus, dass zum ei­nen im Rah­men ei­ner so ge­nann­ten Zweck­be­fris­tung auf die Ab­we­sen­heit der zu ver­tre­ten­den Kraft ab­ge­stellt wird. Mit dem Zu­satz "längs­tens bis zum 30.06.2010" ist da­ne­ben ei­ne Ka­len­der­be­fris­tung im Sin­ne des § 3 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. Tz­B­fG ver­ein­bart wor­den. Der­ar­ti­ge Dop­pel­be­fris­tun­gen können nach herr­schen­der Mei­nung in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung in Wahr­neh­mung der Ver­trags­frei­heit von den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en vor­ge­nom­men wer­den (BAG 22.04.2009 - 7 AZR 768/07 - n. v.; LAG Hamm 12.10.2009 - 11 Sa 802/09 - n. v.).

1.2Aus den ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en im Ver­trag vom 11.12.2009 er­gibt sich ein­deu­tig, dass ihr Ar­beits­verhält­nis mit der Rück­kehr der zu ver­tre­ten­den Frau G. be­en­det wer­den soll­te. Darüber hin­aus wa­ren sich die Par­tei­en aber eben­so ei­nig, dass der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag spätes­tens mit Ab­lauf des 30.06.2010 sein En­de fin­den soll­te.

2.Die so dar­ge­stell­te Dop­pel­be­fris­tung ist rechts­wirk­sam, weil sie durch ei­nen sach­li­chen Grund im Sin­ne des § 14 Abs. 1 Tz­B­fG ge­deckt ist. Die Be­fris­tung er­folg­te nämlich zur Ver­tre­tung ei­nes an­de­ren Ar­beit­neh­mers, § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG.

2.1Der Grund für die Be­fris­tung liegt in Ver­tre­tungsfällen dar­in, dass der Ar­beit­ge­ber be­reits zu ei­nem vorüber­ge­hend we­gen Krank­heit oder sons­ti­gen Gründen aus­fal­len­den Mit­ar­bei­ter in ei­nem Rechts­verhält­nis steht und mit der Rück­kehr die­ses Mit­ar­bei­ters rech­net. Da­mit be­steht für die Wahr­neh­mung der an sich dem aus­fal­len­den Mit­ar­bei­ter ob­lie­gen­den Ar­beits­auf­ga­ben durch ei­ne Ver­tre­tungs­kraft von vorn­her­ein nur ein zeit­lich be­grenz­tes Bedürf­nis. Teil des Sach­grunds ist da­her ei­ne Pro­gno­se des Ar­beit­ge­bers über den vor­aus­sicht­li­chen Weg­fall des Ver­tre­tungs­be­darfs durch die Rück­kehr des zu ver­tre­ten­den Mit­ar­bei­ters. Da­von kann grundsätz­lich aus­ge­gan­gen wer­den, weil in der Re­gel da­mit zu rech­nen ist, dass der Ver­tre­te­ne nach Be­en­di­gung der Frei­stel­lung oder Er­kran­kung sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten wie­der erfüllen wird. Der Sach­grund der Ver­tre­tung setzt des Wei­te­ren ei­nen Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen dem zeit­wei­li­gen Aus­fall des Ver­tre­te­nen und der Ein­stel­lung des Ver­tre­ters vor­aus. Der Ein­satz des be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers muss we­gen des Ar­beits­kräfte­be­darf er­fol­gen, der durch die vorüber­ge­hen­de Ab­we­sen­heit des zu ver­tre­ten­den Mit­ar­bei­ters ent­steht (BAG 06.10.2010 - 7 AZR 397/09 - BB 2011, 564; BAG 25.03.2009 - 7 AZR 34/08 -
NZA 2010, 34).

Die An­for­de­run­gen an die Dar­le­gung des Kau­sal­zu­sam­men­hangs durch den Ar­beit­ge­ber rich­ten sich da­bei nach der Form der Ver­tre­tung. Nimmt der Ar­beit­ge­ber den Ver­tre­tungs­fall zum An­lass für ei­ne be­fris­te­te Beschäfti­gung, ist auf­grund der Umstände bei Ver­trags­schluss zu be­ur­tei­len, ob der Be­darf für die Beschäfti­gung des Ver­tre­ters auf die Ab­we­sen­heit des zeit­wei­lig aus­ge­fal­le­nen Ar­beit­neh­mers zurück­zuführen ist. Da­bei hat der Ar­beit­ge­ber in Fällen der un­mit­tel­ba­ren Ver­tre­tung dar­zu­le­gen, dass der Ver­tre­ter nach dem Ar­beits­ver­trag mit Auf­ga­ben be­traut wor­den ist, die zu­vor dem vorüber­ge­hend ab­we­sen­den Ar­beit­neh­mer über­tra­gen wa­ren. Wird die Tätig­keit des zeit­wei­lig aus­ge­fal­le­nen Ar­beit­neh­mers nicht von dem Ver­tre­ter, son­dern von ei­nem an­de­ren Ar­beit­neh­mer oder meh­re­ren an­de­ren Ar­beit­neh­mern aus­geübt (mit­tel­ba­re Ver­tre­tung), hat der Ar­beit­ge­ber zur Dar­stel­lung des Kau­sal­zu­sam­men­hangs grundsätz­lich die Ver­tre­tungs­ket­te zwi­schen dem Ver­tre­te­nen und dem Ver­tre­ter dar­zu­le­gen. Nimmt der Ar­beit­ge­ber den Aus­fall ei­nes Mit­ar­bei­ters zum An­lass, die Auf­ga­ben in sei­nem Be­trieb oder sei­ner Dienst­stel­le neu zu ver­tei­len, so muss er zunächst die bis­her dem ver­tre­te­nen Ar­beit­neh­mer über­tra­ge­nen Auf­ga­ben dar­stel­len. An­sch­ließend ist die Neu­ver­tei­lung die­ser Auf­ga­ben auf ei­nen oder meh­re­re an­de­re Ar­beit­neh­mer zu schil­dern. Sch­ließlich ist dar­zu­le­gen, dass sich die dem Ver­tre­ter zu­ge­wie­se­nen Tätig­kei­ten aus der geänder­ten Auf­ga­ben­zu­wei­sung er­ge­ben (BAG 18.04.2007 - 7 AZR 293/06 - AP Nr. 33 zu § 72 LPVG NW).

Sch­ließlich kann der er­for­der­li­che Kau­sal­zu­sam­men­hang aber auch dann vor­lie­gen, wenn der Ar­beit­ge­ber recht­lich und tatsächlich in der La­ge wäre, dem vorüber­ge­hend ab­we­sen­den Ar­beit­neh­mer im Fal­le sei­ner An­we­sen­heit die dem Ver­tre­ter zu­ge­wie­se­nen Auf­ga­ben zu über­tra­gen. In die­sem Fall ist aber zur Gewähr­leis­tung des Kau­sal­zu­sam­men­hangs zwi­schen der zeit­wei­li­gen Ar­beits­ver­hin­de­rung der Stamm­kraft und der Ein­stel­lung der Ver­tre­tungs­kraft er­for­der­lich, dass der Ar­beit­ge­ber bei Ver­trags­schluss mit dem Ver­tre­ter des­sen Auf­ga­ben ei­nem oder meh­re­ren vorüber­ge­hend ab­we­sen­den Beschäftig­ten nach außen er­kenn­bar ge­dank­lich zu­ord­net. Dies kann ins­be­son­de­re durch ei­ne ent­spre­chen­de An­ga­be im Ar­beits­ver­trag ge­sche­hen (BAG 06.10.2010, a. a. O.; BAG 14.04.2010 - 7 AZR 121/09 - EzA § 14 Tz­B­fG Nr. 65).

2.2Hiernach ist da­von aus­zu­ge­hen, dass so­wohl für die Zweck­be­fris­tung als auch für die ka­len­dermäßig be­stimm­te Be­fris­tung im Ar­beits­ver­trag vom 11.12.2009 ein sach­li­cher Grund be­stand, nämlich die vorüber­ge­hen­de Ab­we­sen­heit der Mit­ar­bei­te­rin G..

2.2.1Entgegen der Auf­fas­sung der Kläge­rin und des Lan­des­ar­beits­ge­richts Meck­len­burg-Vor­pom­mern ist die er­ken­nen­de Kam­mer der Auf­fas­sung, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG auch dann An­wen­dung fin­det, wenn der zu ver­tre­ten­de Ar­beit­neh­mer nicht vollständig "ab­we­send" ist. Die oben um­fas­send zi­tier­te Recht­spre­chung ins­be­son­de­re des Bun­des­ar­beits­ge­richts geht für den Ver­tre­tungs­fall nur da­von aus, dass ei­ne vorüber­ge­hen­de Ab­we­sen­heit des zu ver­tre­ten­den Ar­beit­neh­mers be­steht. Grund oder An­lass für die­se Ab­we­sen­heit sind da­bei un­in­ter­es­sant und es wird ins­be­son­de­re auch nicht ge­for­dert, dass der zu ver­tre­ten­de kei­ne an­der­wei­ti­gen Auf­ga­ben erfüllt. Ent­schei­dend ist ein­zig und al­lein die Fest­stel­lung der tatsächli­chen Ab­we­sen­heit und ei­ne - und noch dar­zu­stel­len­de - ge­si­cher­te Rück­kehr­pro­gno­se.

2.2.2Die Kläge­rin kann sich auch nicht dar­auf be­ru­fen, dass es zu kei­ner un­mit­tel­ba­ren Ver­tre­tung der Mit­ar­bei­te­rin G. ge­kom­men ist. Die­se ist nach der oben dar­ge­stell­ten Recht­spre­chung für die Fest­stel­lung des Kau­sal­zu­sam­men­hangs nicht er­for­der­lich.

Die Be­klag­te hat nach ent­spre­chen­den Hin­wei­sen der Kläge­rin im Be­ru­fungs­rechts­zug sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­gen und un­ter Be­weis ge­stellt, dass die Kläge­rin zwar durch­ge­hend im Ser­vice­cen­ter der Agen­tur für Ar­beit E. ein­ge­setzt ge­we­sen ist, und zwar im Team 602. Die Be­klag­te hat darüber hin­aus eben­so sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­gen und un­ter Be­weis ge­stellt, dass durch den Aus­fall der Mit­ar­bei­te­rin G. Ar­beits­auf­ga­ben in al­len Teams des Ser­vice­cen­ters zu er­le­di­gen wa­ren, die für ei­nen be­grenz­ten Zeit­raum von der Kläge­rin erfüllt wer­den soll­ten. Darüber hin­aus steht aber auch fest, dass der ab­we­sen­den Mit­ar­bei­te­rin G. im Fal­le ih­rer An­we­sen­heit die Auf­ga­ben hätten über­tra­gen wer­den können, die letzt­lich von der Kläge­rin er­le­digt wor­den sind. Dann aber muss ins­ge­samt da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Tätig­kei­ten der Kläge­rin letzt­lich und kau­sal auf die Ab­we­sen­heit von Frau G. zurück­zuführen sind und da­mit der er­for­der­li­che Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen Ab­we­sen­heit und be­fris­te­ter Ver­tre­tung zu be­ja­hen ist.

2.2.3Es fehlt auch nicht an ei­ner nach außen er­kenn­bar ge­wor­de­nen ge­dank­li­chen Zu­ord­nung.

Zwi­schen den Par­tei­en ist in­so­weit un­strei­tig, dass im Ar­beits­ver­trag vom 11.12.2009 die "Ver­tre­tung der be­auf­tra­gen Ar­beit­neh­me­rin Frau G." aus­drück­lich ge­nannt wor­den ist. Dies reicht aus, um auch nach außen den Kau­sal­zu­sam­men­hang sicht­bar zu ma­chen und zu gewähr­leis­ten.

2.2.4Die er­ken­nen­de Be­ru­fungs­kam­mer geht schließlich auch da­von aus, dass zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des be­fris­te­ten Ver­tra­ges vom 11.12.2009 von ei­ner ge­si­cher­ten Rück­kehr­pro­gno­se im Sin­ne der ar­beits­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung aus­ge­gan­gen wer­den durf­te.

Teil des Sach­grunds der Ver­tre­tung ist ei­ne Pro­gno­se des Ar­beit­ge­bers über den vor­aus­sicht­li­chen Weg­fall des Ver­tre­tungs­be­darfs durch die Rück­kehr des zu ver­tre­ten­den Mit­ar­bei­ters. Da­von kann grundsätz­lich aus­ge­gan­gen wer­den, weil in der Re­gel da­mit zu rech­nen ist, dass der Ver­tre­te­ne nach Be­en­di­gung der Frei­stel­lung oder Be­ur­lau­bung sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten wie­der erfüllen wird. Auch ei­ne wie­der­hol­te Be­fris­tung we­gen der mehr­fa­chen Ver­hin­de­rung der zu ver­tre­ten­den Stamm­kraft steht der Pro­gno­se des künf­ti­gen Weg­falls des Ver­tre­tungs­be­darfs nicht ent­ge­gen. Nur wenn der Ar­beit­ge­ber im Aus­nah­me­fall auf­grund ihm vor­lie­gen­der In­for­ma­tio­nen er­heb­li­che Zwei­fel dar­an ha­ben muss, dass die zu ver­tre­ten­de Stamm­kraft über­haupt wie­der an ih­ren Ar­beits­platz zurück­keh­ren wird, kann dies dafür spre­chen, dass der Sach­grund der Ver­tre­tung nur vor­ge­scho­ben ist. Dies setzt al­ler­dings vor­aus, dass der zu ver­tre­ten­de Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber be­reits vor dem Ab­schluss des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags mit der Ver­tre­tungs­kraft ver­bind­lich erklärt hat, dass er die Ar­bei­ten nicht wie­der auf­neh­men wer­de. Nur dann al­so, wenn der Ar­beit­ge­ber weiß, dass der Ver­tre­te­ne nicht auf sei­nen Ar­beits­platz zurück­keh­ren wird oder auf­grund be­son­de­rer Umstände dar­an er­heb­li­che Zwei­fel hat, kann die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt sein (BAG 25.03.2009 - 7 AZR 34/08 - a. a. O.; BAG 23.01.2002 - 7 AZR 440/00 - AP Nr. 231 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag).

2.2.4.2Hiernach durf­te die Be­klag­te zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Ar­beits­ver­tra­ges mit der Kläge­rin (noch) da­von aus­ge­hen, dass die Mit­ar­bei­te­rin G. frühes­tens zum 30.06.2010 zurück­keh­ren würde.

Die Be­klag­te hat hier­zu in bei­den Rechtszügen sub­stan­ti­iert und un­ter Be­weis­an­tritt vor­ge­tra­gen, dass die zeit­wei­li­ge Ab­we­sen­heit der Mit­ar­bei­te­rin G. da­durch be­gründet war, dass sie als zusätz­li­che Ar­beits­ver­mitt­le­rin mit Be­ra­tungs­auf­ga­ben in der Agen­tur für Ar­beit E. tätig wer­den soll­te und dass bis zum En­de des Be­fris­tungs­zeit­raums Haus­halts­mit­tel zur Verfügung ste­hen würden. Da­nach durf­te die Be­klag­te an­neh­men, dass der Ver­tre­tungs­be­darf mit der Kläge­rin auch bis zum 30.06.2010 be­stand und dass dann die Mit­ar­bei­te­rin G. zu ih­ren ursprüng­li­chen Auf­ga­ben zurück­keh­ren würde. Ei­ne an­de­re Sicht­wei­se lässt sich auch nicht dar­aus ab­lei­ten, dass sich die Mit­ar­bei­te­rin G. in­zwi­schen auf ei­ne an­de­re Stel­le be­wor­ben hat­te. Selbst wenn sich Frau G. am 02.12.2009 und auch schon vor­her auf meh­re­re Stel­len als Ar­beits­ver­mitt­le­rin be­wor­ben ha­ben soll­te, war dies nach der nicht zu wi­der­le­gen­den Ein­las­sung der Be­klag­ten je­den­falls zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Ar­beits­ver­tra­ges mit der Kläge­rin am 11.12.2009 un­be­kannt. Die Rück­kehr­pro­gno­se wur­de auch nicht da­durch rück­wir­kend zu Fall ge­bracht, dass Frau G. mit Schrei­ben vom 29.01.2010 ab dem 01.03.2010 nach P. ab­ge­ord­net wur­de und dass sie mit Wir­kung vom 01.06.2010 endgültig ver­setzt wur­de. Die dar­ge­stell­te Ent­wick­lung lag er­kenn­bar zeit­lich nach dem Ab­schluss des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges mit der Kläge­rin und konn­te des­halb die Pro­gno­se über die zu er­war­ten­de Rück­kehr der Frau G. zum 30.06.2010 nicht erschüttern.

2.2.5Schließlich kann die Kläge­rin auch nicht da­mit gehört wer­den, dass es an ei­ner Kon­gru­enz zwi­schen der Dau­er des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges und der Ab­we­sen­heits­zeit der Frau G. man­gelt. Ei­ne sol­che Kon­gru­enz ist für die Rechts­wirk­sam­keit ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags zur Ver­tre­tung nicht er­for­der­lich (BAG 06.12.2000 - 7 AZR 262/99 - DB 2001, 870).

2.2.6Als Zwi­schen­er­geb­nis ist fest­zu­hal­ten, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis mit der Dop­pel­be­fris­tung vom 11.12.2009 wirk­sam be­fris­tet wor­den ist und da­mit spätes­tens zum 30.06.2010 aus­lau­fen soll­te.

2.3Entgegen der Rechts­auf­fas­sung der Kläge­rin ist das wirk­sam be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis nicht in ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis "um­ge­wan­delt" wor­den, weil die Kläge­rin über den 01.06.2010 wei­ter­ge­ar­bei­tet hat.

2.3.1In Übe­rein­stim­mung mit den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts geht auch die er­ken­nen­de Be­ru­fungs­kam­mer zunächst da­von aus, dass mit der endgülti­gen Ver­set­zung der Frau G. zur Agen­tur für Ar­beit P. am 01.06.2010 der im An­stel­lungs­ver­trag vom 11.12.2009 um­schrie­be­ne Zweck er­reicht war. Mit der endgülti­gen Ver­set­zung der Frau G. stand nämlich fest, dass ei­ne Ver­tre­tung der Frau G. nicht mehr er­for­der­lich war, weil sie - endgültig - nicht mehr auf ih­ren Ar­beits­platz in E. zurück­keh­ren würde. Es ist des­halb von ei­ner Zweck­er­rei­chung im Sin­ne des § 15 Abs. 2 Tz­B­fG aus­zu­ge­hen.

2.3.2Indessen hat es die Be­klag­te versäumt, die Kläge­rin gemäß § 15 Abs. 2 Tz­B­fG über den Zeit­punkt der Zweck­er­rei­chung zu in­for­mie­ren, so dass grundsätz­lich auch von ei­nem Fort­be­ste­hen des wei­ter­hin be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges bis zum 30.06.2010 aus­zu­ge­hen ist. Mit Er­rei­chen die­ses Da­tums wur­de dann aber das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis rechts­wirk­sam be­en­det, weil auch die ka­len­dermäßig be­stimm­te Be­fris­tung, wie oben dar­ge­legt, durch den sach­li­chen Grund der Ver­tre­tung ge­recht­fer­tigt war.

2.3.3Das be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist nach Zweck­er­rei­chung nicht durch die tatsächli­che Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin zu ei­nem un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis ge­wor­den, weil § 15 Abs. 5 Tz­B­fG auf Fälle der vor­lie­gen­den Dop­pel­be­fris­tung nicht an­ge­wen­det wer­den kann.

2.3.3.1Nach Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm kann von § 15 Abs. 5 Tz­B­fG gemäß § 22 Abs. 1 Tz­B­fG nicht zum Nach­teil des Ar­beit­neh­mers ab­ge­wi­chen wer­den. Würde man darüber hin­aus in Fällen der Dop­pel­be­fris­tung ein Ab­wei­chen von der Re­ge­lung des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG zu­las­sen, wäre dem Ar­beit­ge­ber die Ent­schei­dungs­al­ter­na­ti­ve eröff­net, das Ar­beits­verhält­nis trotz Weg­falls des Be­fris­tungs­grun­des oh­ne be­glei­ten­den Sach­grund be­fris­tet fort­zuführen (LAG Hamm 29.10.2009, a. a. O.; vgl. auch: APS-Back­haus, 3. Aufl., § 15 Tz­B­fG, Rdn. 89, KR/Fi­scher­mei­er, 9. Aufl., § 625 BGB, Rdn. 11 a; Er­fur­ter Kom­men­tar-Müller-Glöge, 9. Aufl., § 3 Tz­B­fG Rdn. 13).

2.3.3.2Nach an­de­rer, wohl herr­schen­der Mei­nung in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung ist bei der Dop­pel­be­fris­tung § 15 Abs. 5 Tz­B­fG nicht an­zu­wen­den bzw. te­leo­lo­gisch zu re­du­zie­ren. Die­se Mei­nung weist dar­auf hin, dass bei ei­ner Dop­pel­be­fris­tung so­wohl Zweck­be­fris­tung wie auch Ka­len­der­be­fris­tung aus Sicht des Ver­trags­schlus­ses zulässig und wirk­sam nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 Tz­B­fG ver­ein­bart wor­den sind. Ent­schei­det sich der Ar­beit­ge­ber in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on bei vor­zei­ti­ger Zweck­er­rei­chung dafür, nicht nach § 15 Abs. 2 Tz­B­fG zu ver­fah­ren und dem Ar­beit­neh­mer gemäß § 15 Abs. 2 Tz­B­fG das En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses an­zu­zei­gen, son­dern den Ar­beit­neh­mer bis zum Ab­lauf der Ka­len­der­be­fris­tung zu beschäfti­gen, so soll das unschädlich sein. Das Ar­beits­verhält­nis en­det dann mit dem Er­rei­chen des vor­her ver­ein­bar­ten Ka­len­der­ter­mins. § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ist dem­gemäß bei ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung über den zu­erst rea­li­sier­ten Be­en­di­gungs­zeit­punkt hin­aus bis zum Ein­tritt des zwei­ten Be­en­di­gungs­tat­be­stan­des nicht an­zu­wen­den (vgl. hier­zu Ar­nold/Gräfel, Tz­B­fG, 2. Aufl., § 3 Tz­B­fG Rdn. 20; Mei­nel u. a., Tz­B­fG, 3. Aufl., § 15 Tz­B­fG Rdn. 69; vgl. auch Ar­beits­ge­richt Ber­lin 27.11.2003 - 79 Ca 22206/03 - LA­GE § 15 Tz­B­fG Nr. 2).

2.3.3.3Die er­ken­nen­de Kam­mer schließt sich der zu­letzt dar­ge­stell­ten Mei­nung an und nimmt ei­ne te­leo­lo­gi­sche Re­duk­ti­on für den Fall vor, dass bei­de Be­fris­tun­gen mit sach­li­chem Grund ge­recht­fer­tigt und da­mit rechts­wirk­sam ge­we­sen sind.

Da­bei wird ent­schei­dend dar­auf ab­ge­stellt, dass es für die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung und für die Fra­ge des Vor­lie­gens ei­nes sach­li­chen Grun­des auf den Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges an­kommt. Nach die­sem Zeit­punkt al­lein be­stimmt sich, ob we­gen der Ab­we­sen­heit des zu Ver­tre­te­nen und der fest­zu­stel­len­den Rück­kehr­pro­gno­se ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags zur Ver­tre­tung an­ge­nom­men wer­den kann. Die­ser sach­li­che Grund und da­mit die Recht­fer­ti­gung für die Be­fris­tung verändert sich aber nicht, wenn es zu ei­ner vor­zei­ti­gen Rück­kehr des zu ver­tre­ten­den Mit­ar­bei­ters kommt, die zur Zweck­er­rei­chung führt. Selbst wenn in ei­nem sol­chen Fall der Ar­beit­ge­ber von ei­ner Mit­tei­lung über die Zweck­er­rei­chung ab­sieht und den Ar­beit­neh­mer wei­ter ar­bei­ten lässt, ist die­sem be­wusst, dass das Ar­beits­verhält­nis spätes­tens mit Er­rei­chen des ka­len­dermäßig be­stimm­ten Be­fris­tungs­en­des von ei­nem Aus­lau­fen des Ar­beits­verhält­nis­ses aus­zu­ge­hen ist. Es ist in die­sem Fall dann aber auch nicht er­for­der­lich, der nur noch zeit­lich be­fris­te­ten Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers gemäß § 15 Abs. 5 Tz­B­fG zu wi­der­spre­chen. Ins­be­son­de­re kann dann aber auch kei­ne Un­si­cher­heit über das tatsächli­che En­de des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ent­ste­hen; die­ses steht mit Ab­schluss des be­fris­te­ten Ver­tra­ges un­zwei­fel­haft und von vorn­her­ein fest.

2.4Soweit sich die Kläge­rin schließlich dar­auf be­ruft, dass selbst das Bun­des­ar­beits­ge­richt in­zwi­schen Ver­an­las­sung hat, bei mehr­fach be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen zur Ver­tre­tung den Eu­ropäischen Ge­richts­hof an­zu­ru­fen, um die Zulässig­keit der Ver­ein­ba­rung be­fris­te­ter Verlänge­rungs­verträge prüfen zu las­sen, führt dies nicht zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Die vor­lie­gen­de Fall­kon­stel­la­ti­on bie­tet je­den­falls (noch) kei­nen Grund, von der bis­he­ri­gen Spruch­pra­xis Ab­stand zu neh­men. Hin­sicht­lich der Kläge­rin ist nämlich fest­zu­hal­ten, dass sie zunächst über den ge­setz­lich zulässi­gen Zeit­raum von zwei Jah­ren oh­ne sach­li­chen Grund be­fris­tet beschäftigt wor­den ist. Ei­ne "Be­fris­tung zur Ver­tre­tung" er­folg­te nur mit den Ar­beits­verträgen vom 18.11.2008 und 11.12.2009, al­so ins­ge­samt zwei­mal. In die­sem Fall kann je­den­falls noch nicht da­von ge­spro­chen wer­den, dass ein ständi­ger Ver­tre­tungs­be­darf ge­ge­ben ist, der durch die wie­der­hol­te Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges mit dem recht­fer­ti­gen­den sach­li­chen Grund ei­ner Ver­tre­tung ab­ge­deckt wer­den soll. Ge­ra­de die­se Fall­kon­stel­la­ti­on ist aber Ge­gen­stand der Vor­la­ge­ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ge­we­sen (vgl. hier­zu: BAG 17.11.2010 - 7 AZR 443/09 (A) - NZA 2011, 34).

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 ZPO.

Die er­ken­nen­de Kam­mer hat die Re­vi­si­on für die Kläge­rin zu­ge­las­sen, weil sie das Vor­lie­gen ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­ge von grundsätz­li­cher Be­deu­tung be­jaht hat, § 72 Abs. 2 Zif­fer 1 ArbGG.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 5 Sa 1647/10